„So Future“ – Erfolgreicher Auftakt für den ADC Creative Club Hamburg
Mit rund 250 Besucher*innen und 8 Präsentationen von Talents, Live-Musik...
In weniger als zwei Wochen haben wir die Ehre, die preisgekrönte Filmregisseurin und Drehbuchautorin Nora Fingscheidt beim ADC Festival 2024 auf unserer Kongress-Bühne begrüßen zu dürfen. Wir sprachen mit ihr über die Einflüsse von Geschichten auf ihr Leben, ihre Hinwendung zu widersprüchlichen weiblichen Protagonisten, und die intensiven Herausforderungen bei der Realisierung ihrer Projekte. Dabei betonte sie, wie wichtig es ihr ist, komplexe Charaktere und echte Emotionen zu vermitteln, und erzählte von den Balanceakten, die nötig sind, um persönliche Geschichten respektvoll und authentisch darzustellen.
Titanic aka. wie Nora Fingscheidt das Filmemachen entdeckte
Nora Fingscheidt war schon seit frühester Kindheit von Geschichten jeglicher Art tief beeindruckt, sei es durch Filme, Bücher oder Hörspiele. Doch auf der Suche nach dem eigenen Weg sind es oft die Zufälle, die die Richtung vorgeben: Den Beruf der Regisseurin und den Traum, später einmal Filme machen zu wollen, entdeckte Fingscheidt wie durch Fügung am schönsten Ort der Welt, dem Kino. Als junges Mädchen schaute sie den Film Titanic und ärgerte sich, dass Jack sterben musste. „Irgendwer musste das ja entschieden haben!“ dachte sie und beschloss, dass sie, wenn sie erwachsen sei, den Film noch einmal drehen würde. Ihre Leidenschaft für das Kino führte sie später dazu, kleinere Arthouse-Filme und die Klassiker Hollywoods der 90er Jahre zu verschlingen. Ihr Herz hängt bis heute irgendwo in der Mitte dieser beiden Welten…
…und ihre Liebe zu komplexen weiblichen Charakteren.
Dass in ihren Projekten oft weibliche Hauptfiguren im Mittelpunkt stehen – auch das war keineswegs eine bewusste Entscheidung. Zwei von drei Projekten ergaben sich durch Externe. Was sie jedoch stets interessiert, sind Figuren, die mit ihren inneren Dämonen kämpfen und bei denen die Grenzen zwischen Richtig und Falsch, Gut und Böse verschwimmen. Es ist diese Komplexität und Widersprüchlichkeit des menschlichen Seins, die für sie den Reiz des Filmemachens ausmachen. In den Filmen „Systemsprenger“, „The Unforgiveable“ und „The Outrun“ konnte Fingscheidt ihrer angeborenen, tiefen Liebe für komplizierte und unbequeme Menschen, die nicht so ganz reinpassen, nachgehen: „Und auch wenn sie sich blöd verhalten und anecken, so sind sie doch liebenswert. Vielleicht steckt das in den Filmen ja an.“
Die Idee zu „Systemsprenger“ entstand während eines Dokumentarfilmprojekts für die Caritas. Ein Jahr lang porträtierte das Team ein Heim für wohnungslose Frauen. Eines Tages zog dort ein 14-jähriges Mädchen ein, was Fingscheidt zutiefst schockierte. Die Sozialarbeiterin erklärte ganz entspannt: „Ach, die Systemsprenger. Die dürfen wir an ihrem 14. Geburtstag aufnehmen, denn keine Institution im ganzen Land nimmt die Kinder mehr auf.“ Dieser Moment pflanzte den Samen für den Film, der sechs Jahre in Anspruch nehmen sollte – von der Recherche über das Drehbuch und die Finanzierung bis hin zu Casting und Proben. „Es war eine schwierige und zugleich verrückte Reise.“, erinnert Fingscheidt.
Kleine Art-House- und große Hollywood-Produktionen
Trotz der Unterschiede zwischen kleinen und großen Produktionen bleibt der Kern der Arbeit für Fingscheidt gleich: komplexe Charaktere, echte Emotionen und eine fesselnde Geschichte zu erzählen. Allerdings bringe das Arbeiten an internationalen Projekten wie „The Unforgiveable“ mit Sandra Bullock auch mehr Beteiligte, Politik, Möglichkeiten und Herausforderungen mit sich. Das Projekt „The Outrun“ bot ihr durch die Kombination beider Welten – die Zusammenarbeit mit Weltstar Saoirse Ronan und das kreative Team von „Systemsprenger“ – eine wertvolle Lernerfahrung. Die Arbeit an Amy Liprots persönlicher Geschichte im Film „The Outrun“ war ein Balanceakt. Fingscheidt und ihr Team arbeiteten eng mit Amy zusammen und drehten an Originalorten aus Amys Leben. Oft verschwammen die Grenzen zwischen Fiktion und Realität, aber es war wichtig, das lose, tagebuchartige Buch in eine Spielfilmform zu übersetzen. Die monatelange intensive Beschäftigung mit dem Buch und die detaillierten Telefonate trugen wesentlich zur finalen Umsetzung bei.
Fingscheidt probt gerne die Szenen am Tag vorher an den tatsächlichen Drehorten mit der Kameraperson im Raum. Dies ermöglicht es allen Beteiligten, sich wirklich auf die Situation einzulassen, Fragen zu stellen und eventuell Änderungen vorzunehmen. Angesichts des oft immensen Zeitdrucks am Filmset sei dies nicht immer möglich, führe aber häufig zu besseren Lösungen.
Change the world with… creative filmmaking!
Nach drei dramatischen Filmen sehnt sich Fingscheidt nun nach anderen Formaten und mehr Leichtigkeit. Auf die Frage hin, welche Veränderungen sie gerne in Bezug auf die Rolle der Frau in der Filmindustrie sehen würde und ob Filmemachen die Welt verändern kann, sagt sie, dass in der Filmbranche noch viel getan werden muss, um echte Gleichberechtigung zu erreichen. Als Mutter von zwei Kindern habe sie selbst erlebt, wie schwer es ist, Familie und Karriere zu vereinbaren. „Produktionsbedingungen, Kinderbetreuung und Arbeitszeiten müssen angepasst werden, um die Branche familienfreundlicher zu gestalten.“, sagt sie. Trotz der Herausforderungen bleibt Fingscheidt optimistisch. Sie glaubt, dass Filme im Kleinen Veränderungen bewirken können, auch wenn es für große politische Veränderungen mehr kreative Ideen braucht.
Ihr Rat an aufstrebende Filmemacher*innen: „Habt Geduld, es ist ein Marathon und kein Sprint. Man muss durch tiefe Täler gehen und manchmal hat man das Gefühl, gegen Windmühlen zu kämpfen. Aber wenn man wirklich für etwas brennt und etwas zu erzählen hat, dann steckt das früher oder später auch andere Menschen an.“
Wir danken Nora Fingscheidt für dieses inspirierende Interview und legen nochmal allen Leser*innen ans Herz, ihren Auftritt im Rahmen vom ADC Kongress am 6.6. im Schuppen 52 in Hamburg nicht zu verpassen.
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