20. Juni 2019

ADC Junior Grand Prix Gewinner 2019: The Worldwide Moral Movement

Für ihre Abschlussarbeit 'The Worldwide Moral Movement' wurden Johannes Lörz und Jonathan Kopetzky mit einem Grand Prix ausgezeichnet. Wie es den beiden gelungen ist, Lösungen für Weltprobleme zu finden und dabei unsere Moralvorstellung zu hinterfragen, verraten sie im Interview. Beide studieren an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg Ravensburg.

Könnt ihr das Projekt in wenigen Sätzen für uns zusammenfassen? – Was war euch wichtig?

Unser Projekt nutzt die Methoden von Fake News und Populismus um einen Diskurs anzuregen. Angefeuert wird dieser dabei durch unterschiedliche Moralvorstellungen und die vermeintliche Lösung gravierender Probleme unserer Gesellschaft wie Altersarmut, Klimawandel, die Flüchtlingskrise aber auch sehr prekäre Themen wie Sodomie oder Pädophilie. Besonders wichtig war uns auf den herrschenden Zeitgeist polarisierend zu reagieren. Das Projekt muss teilweise “weh tun”, nicht nur anderen, sondern auch uns.

Das Projekt muss “weh tun”, nicht nur anderen, sondern auch uns.

Stellt ihr euch kurz vor?

Wir sind Joni und Johannes Ex-Mitbewohner, Mountainbiker, Paraglider, Teilzeit-Vegetarier, Betrunken-miteinander-Rummacher, ab-und-zu Workaholics , Am-besten-erst-abends-Arbeiter, Hobby-Idioten, So-gut-wie-Ehepaar, Elektro-Liebhaber, Über-die-Stränge-Schlager und Lieblings-Ping-Pong-Spieler.

Wie hat euer Umfeld auf das Projekt reagiert? Was waren die ersten Feedbacks?

An die ersten Feedbacks können wir uns jetzt nicht mehr genau erinnern, aber Sätze wie:
“Was stimmt mit Euch eigentlich nicht?”, “Seid ihr noch ganz normal?” oder “Muss das wirklich sein?” fielen des Öfteren. Unser direktes Umfeld, also Freunde und Familie, fand das Projekt und die Idee dahinter von Anfang an sehr interessant. Es war teilweise erschreckend, wie schnell Leute auf unseren absurden Gedanken-Zug aufgesprungen sind und die teilweise doch sehr grenzwertigen Ideen weitergesponnen haben.

 Erschreckend, wie schnell Leute auf unseren absurden Gedanken-Zug aufgesprungen sind.

Wie viele Zuschauer haben eure Mechanismen direkt durchschaut? Wisst ihr, wie oft ein Zuschauer den Clip sehen musste, bis er / sie begreift?

Wie die Leute auf den Casefilm reagieren, wissen wir nicht wirklich. Wenn wir das Projekt präsentieren, zeigen wir eigentlich immer Casefilm, Website und erklären das Projekt. Aber für die Bachelor-Vernissage im letzten Jahr haben wir eine Art Messestand inszeniert, an
dem wir den Leuten teilweise glaubhaft vermitteln wollten, dass es sich dabei um ein echtes Projekt handelt. Das haben bis zum Schluss auch einige für wahr gehalten.

The Worldwide Moral Movement
The Worldwide Moral Movement
The Worldwide Moral Movement
The Worldwide Moral Movement
The Worldwide Moral Movement
The Worldwide Moral Movement

Wie würdet ihr euch eine globale Moral vorstellen?

Diese Frage ist zu komplex, als dass wir sie angemessen beantworten können, aber wir versuchen es mal: Wir haben uns während der Recherche viel mit anderen Kulturen beschäftigt und sind dabei auf einige Traditionen, Rituale und Normen gestoßen, die mit unserem Moralverständnis nicht vereinbar sind. Dennoch können wir das nicht einfach verurteilen, da uns ein fundiertes Verständnis der anderen Kulturen fehlt.

Das grundlegende Problem mit einer globalen Moral stellt sich für uns genau an dem Punkt, an dem eine Kultur in eine andere eingreift und ihr ihre eigenen Werte und Normen aufoktroyiert. Letztlich haben wir das Konstrukt der Weltmoral eben erschaffen, um auf bestimmte Themen und Probleme aufmerksam zu machen. Die Weltmoral ist dabei Mittel zum Zweck für uns, um einen Diskurs anzuregen.

Wir haben das Konstrukt der Weltmoral erschaffen, um auf Probleme aufmerksam zu machen.

Wie kamt ihr auf die „Zwei in eins“ Problemlösungen? „Alles was nützt, ist moralisch vertretbar“ – gibt es für jedes Problem eine Lösung?

Wir haben uns während der Konzeptionsphase viel mit Philosophie, Ethik, Kunst und Satire beschäftigt. Irgendwann kamen wir darüber auf absurde Lösungswege für Probleme aller Art. Die finale Idee zwei Probleme miteinander zu kombinieren entstand dabei irgendwann mit unserem betreuenden Dozenten bei einem Bier in der Kneipe. Es gibt bestimmt für jedes Problem eine Lösung, wobei man innerhalb des Projektes an so gut wie keine Grenzen stößt. In der Realität sind die Probleme sehr viel komplexer miteinander verzahnt und es gilt natürlich auch Gesetze und ethische Grundregeln zu befolgen. Außerdem stellt sich die Frage wie viel Einfluss bestimmte Interessengruppen haben, um eine Lösung von Problemen zu vermeiden oder aufschieben zu können (siehe Kohleausstieg, usw.)

Braucht es den Schock am Ende des Clips? Warum?

Meint ihr die Stelle, in der wir die Beine des Kükens abzwicken? Das ist aus mehreren Gründen im Video. Zum einen lassen die realen Aufnahmen von Testimonials die Bewegung authentischer erscheinen. Zum anderen muss man, um zu polarisieren, auch hin und wieder provozieren.

Professionelle Website, Visuals, Bewegtbild: Wie war es euch möglich, das Projekt zu finanzieren und zu stemmen?

Wir haben ziemlich lange an unterschiedlichen Stilen gearbeitet, was den Bildlook, die Videos und die Website der Bewegung anbelangt. Als die Tonalität letztendlich stand, ging das Umsetzen recht schnell. Wir können es bei sowas meist nicht abwarten endlich umzusetzen. Auch wenn wir unglaublich gerne und ausgiebig konzipieren und uns dabei auch des Öfteren in Gedankenschlössern verlieren, sind wir froh wenn es Vollgas ans Umsetzen geht. Was das Finanzielle anbelangt müssen wir vor allem unserem Schauspieler Michael Schwager danken, der als einziger von 25 angefragten Schauspielern bereit war, eine solche Rolle anzunehmen und das auch noch ohne Gage. Was ein geiler Typ!

Schauspieler Michael Schwager in The Worldwide Moral Movement
Schauspieler Michael Schwager in The Worldwide Moral Movement
Schauspieler Michael Schwager in The Worldwide Moral Movement

Wie viele Mitglieder habt ihr bzw. wurde tatsächlich gespendet? Wie geht das Projekt weiter?

Kaum zu glauben, aber wir sind bis heute die einzigen Mitglieder. Wir werden jetzt noch einmal aktiv auf Mitgliederfang gehen. Momentan sitzen wir an der Social-Media-Strategie. Als kleiner Anreiz: Die nächsten zehn Mitglieder bekommen einen Golden Retriever Welpen und ein gratis Lösungs-Kit für eine Problemlösung ihrer Wahl. Wir empfehlen das Naturtampons-Kit.

Was war die Motivation beim ADC Junior Wettbewerb einzureichen?

Wir waren neugierig und wollten wissen auf welche Resonanz das Projekt bei der Jury und bei einem Publikum außerhalb der Hochschule stößt. Außerdem hat die DHBW hat die Kosten für die Einreichung übernommen.

Fake News aus eurer Sicht: Stehen wir gerade erst am Anfang oder lässt das Phänomen wieder nach?

Solange es bestimmten Gruppen möglich ist, Menschen zu beeinflussen und damit die eigenen Interessen durchzusetzen, werden Fake-News wohl weiter im Umlauf sein. Hier stellt sich eher die Frage, wie die großen Medienunternehmen mit bewusst gestreuten Falschinformationen umgehen.

Wo möchtet ihr in zehn Jahren beruflich sein? Wo in zwanzig?

Wenn kein Burn-Out dazwischen kommt, wären wir gerne irgendwann selbständig.

Das nächste Projekt? Was folgt?

Teambewerbung bei einigen Agenturen in Deutschland und der Launch von „Absudoo.de“, einem Reiseportal für ausgesonderte Wahnsinnige. Vielleicht ein Kurzfilm über Jesus, der im Körper von Heino wiedergeboren wird. Mal sehen was uns sonst noch so einfällt…

 

 

Mehr zu The Worldwide Moral Movement:

https://vimeo.com/324299134

http://www.worldwide-moral-movement.org/