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Nach der Bibel folgt das Grundgesetz: Andreas Volleritsch und Oliver Wurm starten ein weiteres ungewöhnliches Magazin-Projekt. Sie bringen die Grundrechte an den Bahnhofskiosk und in unseren Alltag. Anja Steinig, Vorsitzende des Fachbereichs Editorial beim ADC, hat sich mit Andreas zur neuen Publikation unterhalten.
Wie kam es zu der Idee, unser Grundgesetz als Magazin herauszugeben?
Mein Partner Oliver Wurm hat Ende 2017 in Markus‘ Lanz Talkshow Ranga Yogeshwar gesehen. In der sehr hitzigen Diskussion äußerte er den Satz „Jeder Deutsche sollte doch mal die Verfassung oder das Grundgesetz lesen“. Das sei eine der besten der Welt. Das war 2017 – also zwei Jahre nach der großen Flüchtlingswelle. Da haben wir das erste Mal darüber diskutiert das Grundgesetz in Magazinform umzusetzen. Nachdem wir uns längere Zeit intensiv mit dem Text auseinander gesetzt haben beschlossen wir Anfang 2018 das Projekt zu realisieren.
Ich finde das GG sensationell geschrieben und man darf die Wirksamkeit und Kraft die dahinter steckt, nicht unterschätzen.
Wie seid ihr dann vorgegangen?
Im ersten Schritt haben wir uns eine inhaltliche Struktur und Gliederung erarbeitet. Spannend war in diesem Prozess auch die Gewissheit dass sich 1948 bis 1949, ein paar Jahre nach dem Krieg vier Frauen und 65 Männer hingesetzt haben und diese wirklich gewichtigen und gesellschaftlich höchst relevant Texte aufgeschrieben haben. 146 Artikel formuliert haben, die unser gesamtes Leben organisieren.
Nachdem wir uns über mehrere Wochen mit dem Inhalt beschäftigt haben, ging es darum das Design zu entwickeln. Typographie-Strukturen und Hierarchien aufzubauen. Designkonzepte gab es in Summe drei, welche aber wieder verworfen wurden bis die finale Fassung fertig war. Ungewöhnlich und eigentlich sehr unüblich ist die Tatsache, dass ich mit einem bestehenden nicht veränderbaren Text arbeiten muss. Bei jedem „normalen“ Magazin sind die Textlängen verhandelbar, man kann kürzen, längen oder Headlines neu schreiben. Der Text beim GG hingegen ist gesetzt – daran wir haben wir natürlich nichts verändert. Insgesamt eine sehr sehr spannende Herausforderung.
Die Bebilderung ist beim Grundgesetz ja relativ schwierig. Welche Lösung habt ihr dafür gefunden?
Der Astronaut Alexander Gerst ist im Juni 2018 wieder in den Orbit gestartet und machte diese sensationellen Bilder von unserem Planeten. Als wir diese sahen entstand bei uns die Idee, seine Motive zu verwenden. Im Prinzip ist die Idee wie wenn man einen Schritt zurück geht und das große Ganze betrachtet.
Ihr habt die Grundrechte größer gestaltet als die weiteren Gesetze…
Themen, die hier stattfinden, prägen viel intensiver unseren Alltag. Es geht um das persönliche Wohl, das Miteinander leben und gegenseitiges Verständnis. Es war uns wichtig, diese Werte dementsprechend darzustellen. Die Farbenwelt des Magazin entstand aus der Idee heraus, dass wir multikulti und bunt sind.
Wir sind nicht nur schwarz und weiß und wir sind auch nicht nur rot und blau, sondern wir sind multicolor.
Wir sind alles, unser Gesellschaft stellt alle Farben dar. Diese Vielfältigkeit, die in dem Land und auch den Menschen steckt, wollten wir in dieser Art und Weise visualisieren. Auch die geometrischen Grundformen zeigen den gemeinschaftlichen Kontext. Der Kreis als Begriff der Gesamtheit: es gibt kein Anfang und kein Ende.
Der Hauptteil des Magazins stellt das Grundgesetz dar. Aus journalistischer Sicht ist es uns immer wichtig einen realevanten Mehrwert zu bieten. Dadurch sind zwei Ideen entstanden. Zum einen haben wir die Menschenrechte mitaufgenommen und einen sehr umfangreichen Infografikteil, den uns der sensationelle Infografiker und ADC Mitglied Jan Schwochow und sein Team zusammengestellt haben. Hier werden Infos und Themen rund um Deutschland dargestellt.
Zwischen den beiden Teilen wechselt ihr das Papier. Warum?
Wir wechseln im Infografik-Teil das Papier, um es auch haptisch noch einmal von dem Grundgesetz-Teil abzutrennen und so eine eigene Widererkennbarkeit zu geben. Die Grafiken geben einen schönen Abschluss, hier wird beispielsweise erklärt, wie Wahlen in Deutschland funktionieren.
In welcher Auflage habt ihr das Magazin gedruckt?
Das Grundgesetz Magazin gibt’s jetzt in einer Auflage von 100.000 Stück. Nach wenigen Tagen im Verkauf haben uns viele Anfragen erreicht. Unter anderem haben uns Schulen kontaktiert und wollen das Magazin als Lehrmittel. Das ist natürlich toll. Denn hinter dem Magazin steht ja kein großer Verlag. Um den Druck möglich zu machen, haben wir 70 Unternehmen als Sponsoren gewonnen.
Was kommt als Nächstes?
Mit der Bibel und dem Grundgesetz haben wir ja nun eine gewisse Flughöhe erreicht … Wir sind immer am Sondieren. Ich habe mich auch schon einmal an Hamlet gewagt. Aber es lässt sich nicht jeder Text in einer solchen Inszenierung umsetzen. Mit dem Grundgesetz Text war diese außergewöhnliche Inszenierung möglich.
Mehr zum Projekt hier: www.dasgrundgesetz.de
Anja Steinig arbeitet seit vielen Jahren erfolgreich als Designerin in der Kommunikationsbranche. Ihre große Leidenschaft ist das Editorial Design. Unter anderem war sie in der Art Direction für verschiedene namhafte Agenturen wie DDB, Euro RSCG und Rempen&Partner tätig. Seit 2009 ist sie mit dem Designbüro Studio F selbstständig und als Dozentin für Typographie und Gestaltung an verschiedenen Hochschulen tätig.
Als Präsidiumsmitglied leitet sie den Bereich Editorial Design im Art Directors Club für Deutschland e.V.
Andreas Volleritsch ist Grafiker und Designer. Er arbeitete viele Jahre als Art Director für verschieden Verlage wie Gruner+Jahr und den Axel Springer Verlag.
2003 gründete er mit Michaela Pernegger das Designbüro NeubauEditorialDesign. Das Büro konzentriert sich auf die Beratung, Konzeption und Neugestaltung von Magazinen, Zeitungen und Büchern. Außerdem ist Volleritsch Dozent für Informationsdesign an der FH Graz. 2009 brachte er gemeinsam mit Oliver Wurm „Das neue Testament als Bibel“ heraus, 2018 folgte „Das Grundgesetz als Magazin“. Seit 2015 ist er Mitglied des Art Directors Clubs für Deutschland e.V.
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