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13. September 2018

Versuch mit Schlaumeiern.

Gastbeitrag: Johannes Erler zur Entwicklung des neuen ADC Erscheinungsbildes.

Versuchsanordnung: Man nehme das angejahrte Erscheinungsbild eines bekannten Schlaumeierclubs, sperre sechs, sieben Schlaumeier zusammen in ein Zimmer und lasse sie gemeinsam das Erscheinungsbild justieren. Hypothese: Knatsch, Eitelkeiten, Missgunst. Versuchsergebnis: Selten so viel Spaß gehabt!

Keine Ahnung, warum einige im Präsidium vom Allgemeinen Deutschen Chlaumeierclub (ADC) wohl dachten, dass das mindestens mal schwierig werden könnte, aber als die Gruppe (nennen wir sie: das Kollektiv) sich mit genau diesem Auftrag Anfang des Jahres traf, war sofort klar, dass es funktioniert. Und am Ende gibt es nun nicht nur ein neues Erscheinungsbild, sondern vielleicht auch einen Blick in die Zukunft des ADC. Nicht weniger wollte das Kollektiv.

Das Kollektiv, das sind (in alphabetischer Reihenfolge): Christian Döring, Birte Ludwig, Burkhard Müller, Katrin Oeding, Heinrich Paravicini, Jan Spading, Anja Steinig und ich.

 

Der ADC und ich, das war nie einfach.

 

Lustigerweise kam immer dann, wenn ich mal wieder in den Sack hauen wollte, weil es nervte (der Knatsch, die Eitelkeiten, die Missgunst…), irgendjemand um die Ecke und bat um Hilfe. Machen statt meckern: Immer die bessere Strategie. Diesmal waren es Anja und Heinrich, die das Kollektiv zusammentrommelten. Und der gemeinsame Trigger war wohl, dass niemand in der Gruppe so richtig happy mit dem ADC war. Das Kollektiv als karthasische Selbsthilfegruppe also. Wir begannen mit einem Stuhlkreis.

Seit ich Corporate Design mache, bin ich zutiefst überzeugt davon, dass Erscheinungsbilder unbestechliche Spiegel von Unternehmensseelen sind. Ich kann darüber abendfüllende, analytische Vorträge halten. Und so betrachtet war der ADC ganz klar ein Fall für die Couch. Denn wo visuell nichts zusammengeht, spricht man untereinander nicht von der selben Sache. Und wenn visuelle Lautstärke das beste Verkaufsargument ist, stellt man seine Muskeln aus, nicht sein Hirn. Beides steht einem Club, dem es um Kommunikation geht, nicht gut.

Das Kollektiv jedenfalls wollte keinen Club mehr, dessen Logo inzwischen aussieht wie der Störer auf einer Postwurfsendung für Highspeedsurfen, und ich weiß, wie polemisch das klingt, aber wer auf der Couch liegt, der muss erstmal alles rauslassen, auch wenn dabei Tränen fließen.

Zwei Dinge – und das wurde nach wenigen Sitzungen klar – sind uns wirklich sehr wichtig:

 

Erstens. Das (eigentlich so tolle) Wort »Kreativität«, das den Clubs in den vergangenen Jahren fest im Schwitzkasten hielt, ist zu einer prekären Witznummer geworden. Denn kreativ sind mittlerweile ja praktisch alle. Und wenn schon das Fernsehen während des ADC Festivals von sog. Kreativen live Rettiche und Hornhauthobel bewerben lässt, um herauszufinden, wie kreativ Kreative denn nun sind, und die sog. Kreativen das auch noch begeistert mitmachen, wissen wir, wo wir stehen: ganz weit hinten nämlich, bei den Drolligen.

Was uns jedoch erfüllt und antreibt, ist unsere Leidenschaft für Kommunikation. Richard Jung fand als Chairman der diesjährigen Jury die richtigen Worte, als er sagte, dass wir alle im ADC Kommunikationsdesigner sind. Menschen also, die Kommunikation gestalten. Das können wir! Besser, als alle anderen sogar. Und das ist es, was in einer nicht immer nur lustigen Zeit gefragt ist, wie nie zuvor: Expertise in exzellenter und – ja, natürlich! – kreativer Kommunikation.

Kommunikation ist das wichtigste Bindemittel zwischen uns Menschen. Durch Kommunikation werden Botschaften, Wünsche, Erwartungen und Gefühle ausgetauscht. Ohne Kommunikation würden wir einander nicht erreichen und nicht verstehen. Genau so steht es im ADC Manifest. Und genau so meinen wir es.

 

Vorwärts zu unseren Wurzeln.

 

Zweitens. Was ist eigentlich das Tollste am ADC? Genau: Die Arbeiten, die wir jedes Jahr finden und auszeichnen, die Menschen dahinter, die uns erklären, wie diese Arbeiten entstanden sind, und letztlich – in aller Bescheidenheit: Wir selbst, die Mitglieder. Es geht bei uns um die besten Beispiele gelungener Kommunikation und um all die klugen Leute, die das gemacht haben. Das muss wieder deutlicher werden. Der ADC ist ein Members Club und Kommunikation ist People Business. Wir brauchen uns nicht zu verstecken hinter Vertriebskampagnen, die mit uns selbst nur noch wenig zu tun haben. Wir und das, was wir tun: Das ist das Ereignis.

Das neue Erscheinungsbild liefert nun den Rahmen. Formal kehrt es zurück zu den Wurzeln des ADC. Das wunderschöne Monogramm, wie es einmal war, ein paar Schriften, die die Vergangenheit mit der Gegenwart verbinden, und ein sattes Schwarz – denn vor Schwarz sieht immer noch alles am besten aus. Ruhe statt Firlefanz. Nicht das Erscheinungsbild ist die Nachricht, sondern die Arbeiten und die Menschen, die es einfasst.

© antoni garage
Auszug aus dem ADC Manifest

Das Erscheinungsbild soll aber nur ein erster Schritt zu mehr inhaltlicher Arbeit sein. Wir, das Kollektiv, wünschen uns, dass wir gemeinsam mehr reden und mehr machen. Dass wir den Begriff »Kommunikation« mit Leben füllen. Dass wir uns einmischen und mitgestalten. Denn nichts eignet sich besser dafür, als ein gut organisierter Club voller schlauer Menschen. Doch bevor sich das hier in Allgemeinplätzen ergießt, erzähle ich zum Schluss noch eine Anekdote aus diesen Tagen.

Neulich nämlich rief mich Sabine Cole an, ADC-Mitglied, Konzeptionerin, Schreiberin, toller Mensch, der sich tatkräftig überall einmischt, wo es gerade brennt. Sie hatte von unserer Arbeit gehört, wollte mal ein bisschen mehr wissen, und kam dann mit einer Idee um die Ecke, die dermaßen wie Arsch auf Eimer passt, dass ich sie gleich hier zur Diskussion stellen möchte.

Sabine fragte nämlich, warum es noch keine einzige ADC-Stadt im Osten gäbe. Kein Leipzig, kein Dresden, kein Halle oder Magdeburg. Sie wisse ja selbst nicht so genau, wo die besten Kommunikationsdesigner im Osten säßen, aber es könne doch nicht sein, dass es die gar nicht gäbe. Und es wäre doch das Mindeste, dass nun, wo es im Osten ein bisschen ungemütlicher zu werden scheint und gut gemachte Kommunikation ungeheuer wertvoll wird, der ADC mittendrin steckt.

Finde ich auch. Wir sollten reden!

 

 

Über den Autor: Johannes Erler arbeitete mit Lo Breier, Neville Brody und bei Meta Design, bevor er 1993 Factor Design mitgründete, dessen Partner und Creative Director er 18 Jahre lang blieb. 2010 startete er ErlerSkibbeTönsmann und war von 2012 bis 2014 Art Director des Wochenmagazins stern. Erler ist einer der meistausgezeichne­ten deutschen Designer, Mitglied zahlreicher Designjurys, Mitglied im ADC (Art Directors Club), Gastdozent, Sprecher auf Kongressen und Autor mehrerer Bücher über Design.

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