8. September 2018

ADC Kopf:   Florian Schommer

Florian Schommer ist ein Art Direktor, Designer und Illustrator. Er ist mit der Skate- und Punk-Szene der 90er groß geworden, war mit seiner eigenen Band in Europa, Asien, Australien, China, Afrika und Russland auf Tour, hat die Uni abgebrochen, um sein erstes Designstudio zu gründen und arbeitet heute von Berlin aus für Marken, Unternehmen und Künstler auf der ganzen Welt. 2013 wurde er als ADC Student des Jahres ausgezeichnet und nach mehreren goldenen Nägeln 2018 schließlich als Mitglied im Art Directors Club für Deutschland aufgenommen.

Ein Interview von Burkhard Müller

 

Deine ersten Arbeiten, die mir aufgefallen sind waren die Cover und Shirts für deine Band. Spielt Musik eine wichtige Rolle in deinem Leben?

Am besten fange ich ganz von vorne an. Ich komme aus einer Kleinstadt in der Nähe von Mönchengladbach. Um ehrlich zu sein gab es in meiner Jugend nicht sonderlich viel, was mich interessierte und irgendwie wirkte es ein bisschen so, als würde das Leben an mir vorbeiziehen. Ich will das dörfliche Leben hier nicht schlecht reden, jeder hat seine eigenen Vorlieben, aber ich persönlich habe zwischen Karneval, Schützenfest und Bausparvertrag einfach keinen Platz gefunden.

Über einen Freund aus der Schule kam ich mit der Skateboard-Szene in Berührung, was sich als Chance herausstellte, dem Ganzen zu entkommen und Leute kennenzulernen, die ähnlich tickten wie ich. Ich merkte damals schon, dass ich mich mehr für die Gestaltung der einzelnen Skateboard-Marken interessierte, als für das Skaten an sich. Die Logos und Illustrationen auf den Decks und T-Shirts faszinierten mich. Zu diesem Zeitpunkt habe ich noch nicht im Geringsten darüber nachgedacht, dass Design etwas sein könnte, das ich vielleicht irgendwann mal beruflich ausüben könnte.

 

Zur Musik kam ich dann Stück für Stück durch die Skate-Videos, die wir untereinander austauschten. Besonders die Soundtracks der 411- und Thrasher-Videos waren prägend für mich. Ich begann auf Konzerte zu gehen. Besonders in Holland, Belgien und im Ruhrgebiet gab es zu der Zeit eine pulsierende Punk- und Hardcore-Szene. Man konnte eigentlich jedes Wochenende problemlos auf ein bis zwei Konzerte fahren.

 

Wie bist du dann zum Design gekommen?

Was mich so faszinierte war einerseits die Musik, aber andererseits auch der DIY-Spirit (Do It Yourself). Du konntest mit einem simplen Takt und drei Akkorden eine Band gründen, Konzerte spielen und sogar auf Tour gehen. Jede Band nahm ohne Vorkenntnisse ihr eigenes Demo auf und gestaltete auch das Cover selbst.

Alles daran war unprofessionell, aber furchtlos

Gerade dadurch hatte es einen ganz eignen Stil.

Es dauerte logischerweise nicht lange bis wir unsere eigene Band gründeten und Konzerte organisierten. Jeder hatte seine eigene Aufgabe. Da ich musikalisch nicht viel beitragen konnte, übernahm ich das Booking und die Gestaltung der Flyer und Kassetten/CDs. Anfangs wurde viel analog gearbeitet, ich schnitt Bilder und Buchstaben aus und klebte sie zusammen. Irgendwann wurde es dann fortschrittlicher als ich Photoshop entdeckt habe. Das war für mich der Einstieg zur Tätigkeit als Designer. Ich machte eine Ausbildung als GTA (Gestaltungstechnischer Assistent) und studierte an der FH Düsseldorf.

AYS - Worlds Unknown LP
AYS - Worlds Unknown LP
AYS - Worlds Unknown LP
AYS - Worlds Unknown LP
AYS - Worlds Unknown Tourposter

Durch deine Band bist du viel rumgekommen. Wie hat das Reisen deine Arbeit beeinflusst?

Wir haben immer relativ viel gespielt, aber zu meiner Zeit an der FH Düsseldorf wurde es dann extrem. Uns gab es damals zehn Jahre und natürlich wird irgendwann alles etwas professioneller. Musikalisch waren wir auf einem guten Level und ich hatte über die Jahre ein Erscheinungsbild erarbeitet, das uns aus der Masse an Bands herausstechen ließ. Das führte dazu, dass wir immer mehr Konzertanfragen bekamen. Neben etlichen Europa-Touren tourten wir auch in Südost Asien, China, Australien, Russland und Kenia. Diese Reisen waren immer ein Riesen-Abenteuer. Wir haben an den verrücktesten Orten gespielt und großartige Menschen kennengelernt.

Zur damaligen Zeit kollidierten meine Touren allerdings mit meinen Kursen an der FH Düsseldorf. Damit ich auf Tour gehen konnte, hatte ich mit ein paar Professoren einen Deal. Am Ende des Semesters musste ich ein Projekt abgeben, das auf meinen Tour-Geschichten basierte.

Diese Reisen sind nach wie vor eine große Inspirationsquelle für mich. Ich denke das spiegelt sich auch klar in meinen Arbeiten wider.

 

East of Eden Pt.2
East of Eden Pt.2
East of Eden Pt.2

Du arbeitest allein, wie machst du auf dich aufmerksam?

Die Social Media Kanäle sind ein wichtiger Bestandteil meines Jobs. Man muss sich als freischaffender Designer/Illustrator selbst promoten, um potentiellen Kunden zu zeigen, was man drauf hat. Zu Beginn war Behance ein sehr wichtiges Medium für mich. Dort wurden einige meiner Arbeiten gefeatured. Immer wenn meine Arbeiten auf der Startseite von Behance auftauchten, bekam ich Anfragen für weitere Features, Interviews und auch Aufträge.

Daneben habe ich auch einige Awards gewonnen und arbeite mit Agenten aus New York, London und Tokio.

 

Die Süddeutsche - WM Special
Folio Society - The Sciencefiction Anthology
Hensen Brauerei
Leoniden - Two peace signs EP
SPIEGEL - Smartphones

Du hast das Cover für das Casper Album „lang lebe der tod“ gestaltet. Wie kam es dazu?

Durch Überschneidungen in unserem Freundeskreis kannten wir uns flüchtig. Er war früher selbst viel auf Hardcore Punk Shows und kannte darüber auch meine Arbeiten. 2016 fragte er mich, ob ich Interesse hätte, sein anstehendes Album zu gestalten. Ich sagte zu und mittlerweile steht die Platte bei mir im Regal.

Rückblickend war das schon ein ungewöhnliches Projekt, da ich sehr auf Illustration fokussiert bin, aber ich mag es auch losgelöst zu arbeiten und nicht in einem Stil gefangen zu sein.

 

2013 bist du ADC Student des Jahres geworden. Wie hat das deine Karriere beeinflusst?

Ich kann nicht explizit sagen, dass meine Karriere dadurch stark beeinflusst wurde. Ich denke, man kann auch nicht erwarten, dass eine Karriere sofort beeinflusst wird, wenn man die ersten Awards gewinnt. Man sollte es eher als wertvolles Puzzlestück sehen, das zum Erfolg beiträgt. Als ich damals „Student des Jahres“ geworden bin, hat sich zunächst nicht viel geändert. Ich habe weiter fleißig an freien Projekten gearbeitet und meine Arbeiten so gut wie möglich verbreitet.

 

Daraufhin hat der Student des Jahres das Studium geschmissen.

 

Irgendwann kam dann erste größere Job mit der Superbowl-Kampagne für Jägermeister. Daraufhin habe ich das Master Studium an der HAW Hamburg geschmissen und versucht als Freelancer durchzukommen, was wunderbar funktioniert hat.

 

Du hast nicht den üblichen Lebenslauf. Welchen Tipp würdest du jungen Designern geben?

Talent reicht nicht aus. Ich habe an der FH Düsseldorf viele Leute kennengelernt, die extrem talentiert waren. Ich wusste damals schon, dass ich ein paar Schippen draufpacken muss, um mithalten zu können. Schließlich war es mein Ziel, selbstständig zu arbeiten und das am besten auf dem höchstmöglichen Level, um die besonders interessanten Jobs zu bekommen.

Daher habe ich einfach extrem viel gearbeitet, mir verschiedene Stilrichtungen beigebracht und verschiedene Programme gelernt.

 

NBA Allstars '97
Das kreative Haus
Breckenridge
Swatch
Brewdog

2018 wurdest du auf dem Treffen des Fachbereichs Design einstimming im ADC aufgenommen. Warum wolltest du ADC Mitglied werden?

Zunächst einmal freue ich mich natürlich sehr, Mitglied zu sein.

Ich denke der ADC hat grundsätzlich einen sehr hohen Stellenwert. Bereits während meiner Ausbildung habe ich verfolgt, welche Arbeiten dort ausgezeichnet wurden. Allerdings habe ich auch gemerkt, dass der ADC bei Studenten und kleineren Designbüros heute nicht mehr dieselbe Rolle spielt wie früher. Der ADC sollte ein Wettbewerb sein, bei dem sich die besten Agenturen, Büros und Studenten Deutschlands miteinander messen. Ich würde mich freuen, wenn ich einen Teil dazu beitragen kann, den ADC wieder in diese Position zu rücken.

 

Zum Schluss: Hast du einen Musik-Tipp für die Arbeit?

Bad Brains – Rock For Light LP

 

Danke. 

 

Mehr zu Florian Schommer:
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