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Bei der Night of Honour 2018 ehrte der ADC Christoph Niemann als Ehrenmitglied. Laudator Til Mette fasst zusammen, weshalb Niemanns Stil so unverwechselbar ist.
Den Titel „ADC Ehrenmitglied“ verleiht der ADC jährlich seit 1979. Geehrt wird eine Persönlichkeit, die über Jahre hinweg Maßstäbe gesetzt hat und selbst zum Vorbild für Kreative wurde. Mit Christoph Niemann als Ehrenmitglied 2017 kürt der ADC einen deutschen Illustrator, Grafiker und Künstler, der sich durch seinen unverwechselbaren Blick auf den Alltag auszeichnet. Niemann lässt „dreckige Socken zu Dinosauriern, Teebeutel zu Anzügen und Krokodilszähne zu Glockenspielen“ werden, – so die Begründung aus dem ADC Mitgliederkreis. Mit seiner einzigartigen Bildsprache ist er regelmäßig auf den Covern von „The New Yorker“, „The New York Times“ und des „ZEIT Magazins“ zu sehen. Die Laudatio auf der Night of Honour 2018 hielt Til Mette, Cartoonist beim stern. Hier dürfen wir die Rede veröffentlichen.
Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Leute vom ADC, lieber Christoph Niemann
Es ist mir eine besondere Ehre heute Abend die Laudatio zur Ehrenmitgliedschaft des Art Directors Club für Christoph Niemann zu halten. Doch bevor ich hier zu jubeln beginne, möchte ich am Anfang ein ABER sagen dürfen. ABER! Vielleicht gibt es unter Ihnen hier im Saal einige, die ihren Job ganz gerne machen und von denen welche, die ihren Job sogar ganz gut machen. Jetzt stellen Sie sich bitte mal vor, dass da jemand einfach vorbeikommt und macht genau den Job super-gut, den sie so gerne und gut machen… und zwar während er einen Marathon läuft. Zweiundvierzig fucking Kilometer! So ist es uns Cartoonisten im Herbst 2011 ergangen, als Christoph Niemann nicht nur einfach den New York City-Marathon mitlief, sondern mit Bleistift, Buntstift , Tusche, Zeichenpapier und Kamera bepackt während des NY-Marathonlaufs 46 grandiose Cartoons zeichnete und die noch während des Laufs in die Welt twitterte, so dass jeder, aber auch wirklich j e d e r Cartoonist weltweit und zeitgleich sich an seinem hübsch aufgeräumten Zeichenbrett wie ein totaler Loser vorkommen musste. Und um der ganzen Sache noch die Krone aufzusetzen, malte er auf den letzten Metern auf einer mitgebrachten Leinwand mit Pinsel in Acrylfarben seinen Zieleinlauf.
Wie fühlt man sich da, als unsportlicher Jemand, der am heimischen Zeichenbrett das Zeichenbesteck nach Grösse und Farbe sortiert, dabei das glattgestrichene und säurefreie französische 200gr. Zeichenpapier im 500ter Stapel im rechten Winkel neben sich liegen hat, um dann, damit die kreativen Säfte fliessen können, erstmal 5 Espresso trinken muss, (was natürlich dazu führt, dass man wegen der zittrigen Zeichnerhand sich erstmal für eine halbe Stunde aufs Sofa legen muss, bevor man einen zweiten Anlauf wagen kann). Gott, ich weiss noch nichtmal welche Turnhose man kaufen müsste, um eine solche Heldentat zu vollbringen. Danke Christoph Niemann dafür! (und das sage ich
wirklich im Namen aller Zeichner dieser Welt)
In den Jahren, in denen Christoph in New York lebte, habe ich auch dort gelebt. Wir sind uns trotz gemeinsamer Freunde in den 12 Jahren leider nie über den Weg gelaufen. Im Gegensatz zu Christoph wurden meine Zeichnungen beim New Yorker mit schöner Regelmässigkeit abgelehnt. Nach 2 erfolglosen Jahren empfand ich es schon als Ehre, dass die Rejections einen nahezu freundlichen, fast kumpelhaft-aufmunternden Ton bekamen. Das Angebot ab 1995 wöchentlich für den stern zu zeichnen, hat mich dann glücklicherweise vor einer tieferen Sinnkrise bewahrt. Als Christophs Illustrationen Anfang der 2000er Jahre auf den Covern des New Yorker auftauchten, dachte ich zwar, dass der Name Christoph Niemann irgendwie deutsch klingt, hätte aber Stein und Bein geschworen, dass der Klang (vielleicht noch das zweite N am Ende seines Nachnamens) alles ist, was an Niemann deutsch ist. Das, wofür ich die New Yorker Cartoonisten und besonders die Cover-Illustratoren immer bewundert habe, war, dass sie nicht nur mit einer wortlosen Illustration eine ganze Geschichte erzählen können, sondern diese Geschichte auch noch mit Witz adeln. Das konnte nicht aus Deutschland kommen, das war für mich New York!
Keiner meiner zeichnenden deutschen Kollegen aus dem Kreis der Cartoonisten hatte damals den Illustratoren Christoph Niemann auf dem Schirm. Als der grossartige Michael Sowa im November 2002 seine erste und bislang einzige Cover-Illustration für den New Yorker machte, war dem stern das eine kleine Geschichte wert. „Der erste deutsche Cartoonist auf dem Cover des New Yorkers!“ Zu der Zeit hatte Christoph Niemann schon vier (!) Cover für den New Yorker gezeichnet. Wenn man über Christoph Niemann etwas liest, ist da immer vom Illustrator und Grafiker die Rede. Das ist mit Verlaub eine bodenlose Untertreibung. Niemann ist viel mehr als das, Niemann ist mit jeder Faser seines Herzens ein Cartoonist. Er beherrscht es wie kein anderer mit wenigen Strichen und grosser Eleganz eine gnadenlos komische Geschichte mit einer Zeichnung zu erzählen. Er ist ein Meister der komischen Verkürzung. Er kann aus einem Legostein ein Saure Gurke bauen, aus zwei Legosteinen ein Thunfisch-Sushi basteln und mit drei Legosteinen das Whitney Museum darstellen! Er zaubert mit ein paar Strichen und einer alten Socke einen Dinosaurier aufs Papier, den man sein Leben nicht vergessen wird. Seine Cartoons für die New York Times in seinem Blog Abstact Sunday sind nicht nur elegant, genial und sehr-sehr lustig, sondern zeugen auch von seiner umwerfend virtuosen stilistischen Vielfalt.
Der ADC hat in seiner Geschichte die Grossmeister des Cartoons Vicco von Bülow, Tomi Ungerer und Robert Gernhardt mit einer Ehrenmitgliedschaft gewürdigt. Heute kommt Christoph Niemann dazu.
Lieber Christoph, du hast es verdient. Ich wünsche Dir allzeit gute Fahrt und gratuliere Dir von Herzen für die Ehrenmitgliedschaft im ADAC.
Vielen Dank.
Über den Autor:
Der Cartoonist Gotthard-Tilmann Mette nennt sich kurz „Til Mette“. Am Beginn seiner Karriere wollte er seinen ersten Vornamen abkürzen, aber ein guter Freund riet ab, weil „Gott Mette“ etwas zu blasphemisch geklungen hätte. Er ist Mitbegründer der taz-Bremen-Lokalredaktion, in der seine Cartoons seit 1986 ihren festen Platz haben. Daneben ist Til Mette als freier Maler und Cartoonist tätig. Veröffentlichungen u.a. in der Funny Times (USA), in Die Presse (A) und seit 1995 regelmäßig im stern.
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